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Corona und Nachhaltigkeit: Wie beeinflusst Covid-19 die nachhaltige Entwicklung?
Krise heißt Veränderung – vielleicht auch Chance. Welche Ursachen, Trends und Initiativen weisen jetzt den Weg zu einer nachhaltigeren Gesellschaft und Wirtschaft?
Die Covid-19-Pandemie gefährdet Existenzen. Deshalb ist sie Auslöser für eine starke Reflexion über die Beziehung des Menschen zu seiner Gesundheit – aber auch über gesunde Beziehungen in Wirtschaft, Umwelt und sozialem Leben. Für ein Verständnis von langfristigen Folgen ist es noch zu früh. Nachhaltig – also sozial, ökologisch und ökonomisch ganzheitlich zu planen und zu handeln, scheint gerade durch die Dominanz der Gegenwart kaum möglich. Doch einige Trends und hilfreiche Initiativen lassen sich schon identifizieren.
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Debatte:
- Ursachen für die Corona-Pandemie im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit
- Mögliche Folgen der Pandemie für Umweltschutz und Nachhaltigkeit
- Trends zu mehr Nachhaltigkeit durch Corona?
- Initiativen für eine nachhaltige Wirtschaft nach Corona
Die Erde hat schon lange Fieber – die Klimaerhitzung. Nun kämpft die Menschheit mit dem Corona-Virus.
Lässt sich beides gemeinsam heilen, wie es der „Planetary Health“ Ansatz nahelegt?
Bild von Alexandra_Koch auf Pixabay
1. Nicht-Nachhaltigkeit als Treiber für Pandemien
Indizien für Biodiversitätsverlust als Corona-Ursache
Führt zu wenig Nachhaltigkeit zu Pandemien?
The Guardian sieht den Ausbruch von Covid-19 als den Weckruf der Natur an eine gesättigte Gesellschaft.
www.theguardian.com/commentisfree/2020/mar/25/covid-19-is-natures-wake-up-call-to-complacent-civilisation
Wenn Un-Nachhaltigkeit eine Ursache für die Pandemie ist, dann kann die Wirtschaft für die Zukunft vorsorgen. Wie das durch Nachhaltigkeitsmanagement umsetzbar ist, schreibt Prof. Dr. Dr. h.c. Stefan Schaltegger.
https://www.leuphana.de/fileadmin/user_upload/Forschungseinrichtungen/csm/files/Downloads/200706_DNP_Blog_Nachhaltig-gegen-Corona-Prof-Schaltegger.pdf
In einem online Seminar führte Prof. Schaltegger seine Gedanken näher aus. → zum Video
Zusammenhang globale Pandemien und Biodiversitätsverlust
„Die Wahrscheinlichkeit von Pandemien steigt mit der zunehmenden Vernichtung von Ökosystemen“, sagen die Umweltforscher Josef Settele und Joachim Spangenberg im Interview mit Riffreporter.
www.riffreporter.de/flugbegleiter-koralle/pandemie-interview-settele-spangenberg
Ein Beitrag in Le monde diplomatique unter dem Titel „Woher kommt das Coronavirus?“ beleuchtet, inwiefern die Zerstörung von Lebensräumen eine zentrale Rolle spielt bei der Übertragung von Infektionskrankheiten von Tieren auf Menschen.
https://monde-diplomatique.de/artikel/!5668094 (Text und Audio)
Die ‘Biodiversity in Good Company Initiative‘ zeigt mit einer gut kuratierten Artikel-Liste zum Zusammenhang zwischen Pandemien und dem Verlust der biologischen Vielfalt, dass Biodiversitätsschutz als Teil der Risikovorsorge von Wirtschaft und Politik berücksichtigt werden muss.
www.business-and-biodiversity.de/alle-news/news/zusammenhang-globale-pandemien-und-verlust-der-biodiversitaet/
Es sind bei Corona vor allem die Alten, die unserer Solidarität bedürfen, und es sind insbesondere die Jungen, die Solidarität üben müssen. Beim Klimawandel ist es genau umgekehrt.
Christian Berg, Mitglied der Deutschen Gesellschaft Club of Rome
Panik und Angst – eine Generationen-Frage?
„Ich will, dass ihr in Panik geratet“ war die Botschaft von Greta Thunberg angesichts der brennenden Lungen der Erde. Doch erst angesichts der Entzündlichkeit der menschlichen Lungen durch ein kleines Virus sind die Leute in Panik geraten. Das Virus schadet kurzfristig insbesondere älteren Menschen, die in Entscheidungsgremien von Politik und Wirtschaft viel stärker repräsentiert sind, während die Klimaerhitzung langfristig der jetzt jüngeren, unterrepräsentierten Bevölkerung schadet.
Warum Umweltschutz längst mindestens so viel energisches Handeln gebraucht hätte, wie die Bekämpfung der Pandemie und weshalb Nachhaltigkeit nicht gelingen will, untersucht eine Forschergruppe des Instituts für Gesellschaftswandel und Nachhaltigkeit an der Wirtschaftsuniversität Wien.
www.wu.ac.at/ign/news
Wie sich die unterschiedlichen Reaktionen auf Corona-Virus und Klimawandel erklären lassen, hat Science Alert zusammengefasst. Beide Entwicklungen sind sich verschlimmernde Katastrophen-Situationen. Um beide Probleme zu lösen, braucht es eine Veränderung des Lebensstils. In beiden Fällen müssen Menschen sich dafür koordinieren – nur wenn auch andere mitmachen, lässt sich das Risiko senken. Bei Corona vertraut niemand darauf, dass „der Markt“ schon alles allein lösen wird – bei der Klimakrise galt dies jedoch bisher vielen als Hoffnungsargument.
https://www.sciencealert.com/the-coronavirus-response-shows-we-can-tackle-the-climate-crisis
„More Trouble“: Der vielleicht bekannteste Cartoon zu Corona und Nachhaltigkeit: Zwei Wissenschaftler blicken auf die Corona-Entwicklungskurve („flatten the curve“) und hoffen: „Ich bin froh, wenn das vorbei ist“. In ihrem Rücken, für sie nicht sichtbar: Die große Kurve des Klimawandels. #flattenthiscurvetoo
Quelle: Statistically Insignificant www.instagram.com/statisticallycartoon/
2. Mögliche Folgen der Pandemie für Umweltschutz und Nachhaltigkeit
In seinem Artikel „Zahlt die Umwelt für die Corona-Rechnung?“ stellt der Nachhaltigkeitsjournalist Claus Reitan fest, dass Ökonomie und Ökologie in der Bewältigung der Covid-19-Pandemie wieder stärker konkurrieren und bringt einen „Taxonomie-Schnelltest für Unternehmen“ ins Spiel.
www.nachhaltigkeitskommunikation.at/zahlt-die-umwelt-die-corona-rechnung/
Einfach weiter so? Viele wollen das verhindern, aber Torsten Schäfer von der Plattform „Grüner Journalismus“ befürchtet, dass es genau so kommen wird. Über seine Wut, aber auch seine Hoffnung berichtet er in seinem Podcast „Historisches Versagen“.
www.gruener-journalismus.de/historisches-versagen/
„Wir dachten, wir könnten die Natur kontrollieren. Aber diese Macht haben wir nicht. Das ist die wichtigste Botschaft dieser Krise.“ Der Zukunftsforscher Jeremy Rifkin ist überzeugt, das diese Krise die letzte Chance ist die andere Krise – die Klimakrise – noch zu beeinflussen. Andernfalls wird die Isolation, in der wir gerade leben zur Normalität werden.
www.nachhaltigkeitskommunikation.at/ein-wendepunkt-ist-erreicht/
Online-Konsultation “Nachhaltig aus der Corona-Krise”
Die Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 (wpn2030) ruft Forschende aller Fachrichtungen auf, an der Online-Konsultation “Nachhaltig aus der Corona-Krise” mitzuwirken. Die Übergeordnete Fragestellung:
Wie kann Nachhaltigkeit zur Bewältigung der Pandemie beitragen und wie kann die Bewältigung der Pandemie ihrerseits zur Stärkung von Nachhaltigkeit beitragen? Die Konsultation läuft noch bis 10. Juni 2020.
www.wpn2030.de/nachhaltig-aus-der-corona-krise
3. Trends zu mehr Nachhaltigkeit durch Corona?
Kurzfristige Entwicklungen wie Konsumveränderung, Solidarität und saubere Luft
Grundsätzlich lässt sich beobachten:
- Die Pandemie macht die globale Vernetztheit und Abhängigkeiten sichtbarer: Alles hängt zusammen.
- In der Diskussion um Heilung für Mensch und Erde bzw. die Bekämpfung der Menschheitskrisen spielt das Konzept der planetaren Gesundheit (Planetary Health) eine wachsende Rolle. Die Fridays for Future Bewegung setzt ihre Demonstrationen als Netzstreik mit dem Hashtag #FightEveryCrisis fort.
- Reise- und Kontaktbeschränkungen beschleunigen den Megatrend Digitalisierung, der wiederum hilft, die Coronakrise zu bewältigen.
- CSR- und Nachhaltigkeitsmanagement geraten in den Unternehmen unter Druck, denn die Firmen stellen ihre Planungen für z.B. Klimaneutralität zurück – kurzfristige Krisenbewältigung scheint wichtiger als langfristige Resilienz.
Langfristige Auswirkungen lassen sich bisher noch kaum absehen: „Der richtige Zeitpunkt für weitreichende Konsequenzen oder die Bestätigung von Bewährtem steht noch bevor“, betont der Generalsekretär des Deutschen Nachhaltigkeitsrats Günther Bachmann in seinem Papier „Corona und die Nachhaltigkeit“: „Das politische „Entscheiden auf Sicht“ ist der richtige Modus. Der Modus der Gegenwart ist die Gefahrenabwehr und der Aufbau von Vorsorge.“
Was sich konkret kurzfristig verändert:
- Digitalisierung durchdringt mehr Lebensbereiche: mehr Home Office, virtuelles Arbeiten sowie online Schule und Bildung, aber auch private Kontaktpflege
- Nachbarschaftshilfe und Solidarität nehmen zu
- Sozialberufe erfahren eine Aufwertung
- Konsumveränderung: weniger Ausgaben, mehr online-Bestellungen, Zeit für Reflexion der eigenen Bedürfnisse
- Sauberere Luft und Umwelt & geringere CO2-Emissionen durch weniger Verkehr und Energieverbrauch. Zu diesem sogenannten CO2rona-Effekt zählen Phänomene wie glasklares Wasser in Venedigs Kanälen oder ein wolkenloser Himmel über Chinas Millionenstädten. Langfristig lassen sich solche Umweltwirkungen nur verstetigen, wenn man z.B. den Empfehlungen des Umweltbundesamtes folgt: Europa solle eine Vorreiterrolle einnehmen und so zeigen, dass Klimaschutz und Nachhaltigkeit wirtschaftlich möglich sind und Vorteile mit sich bringen. Dazu müssten Rettungspakete für die Wirtschaft mit Nachhaltigkeitszielen (z.B. Kreislaufwirtschaft, reduzierte Emissionen, fairer Handel) verbunden werden. Der europäische Grüne Deal (Green Deal) spielt dabei auch eine Rolle, denn er fordert u.a., dass in Europa „bis 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden“ sollen.
- Bedingungsloses Grundeinkommen – Diskussionen um Geldverteilung werden intensiver
- Datensicherheit – Debatten um Tracking und Tracing von Gesundheits-Apps oder auch Datenschutz bei Videokonferenzen nehmen zu
- Produktion wird rückverlagert – globale Lieferketten sind zusammengebrochen, viele Firmen setzen auf regionale Beschaffung
Die 17 Ziele der UN für eine nachhaltige Entwicklung: Wie sich die Corona-Pandemie auf die Erreichung der SDGs auswirkt, die die Vereinten Nationen bis 2030 erreichen wollen, ist noch unklar. Einige Entwicklungen hat die UNDESA aufgezeigt. Verfügbar unter: https://unsdg.un.org/sites/default/files/2020-03/SG-Report-Socio-Economic-Impact-of-Covid19.pdf (S. 12)
4. Neue Träume vom Guten Morgen
Initiativen für eine nachhaltigere Post-Covid-19-Welt
In Krisen muss man vom Schlimmsten sprechen, weil man damit rechnen muss. Das hilft in der Regel aber nichts, wenn man nicht auch die Möglichkeit des Besseren und Guten in Betracht zieht.
Günther Bachmann, Generalsekretär, Deutscher Nachhaltigkeitsrat
Zahlreiche Initiativen und Organisationen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Forschung und Politik fordern, die wegen der Corona-Krise nötigen Veränderungen mit Nachhaltigkeitszielen zu verbinden. Dies könnte auch die Resilienz der Gesellschaften und Volkswirtschaften erhöhen – also die Fähigkeit der Systeme, mit Veränderungen flexibel umzugehen und langfristig stabiler aufgestellt zu sein. Das ersehnte „zurück zum Normal“ in Öffentlichkeit und Wirtschaft birgt die Gefahr, alte Strukturen zu stärken. Während große, unnachhaltige Geschäftsmodelle gerettet würden, litten Nachhaltigkeitspioniere überdurchschnittlich, z.B. weil ihre Innovationsrisiken typischerweise höher sind. Viele fordern daher alternative Fördermodelle.
Eine Auswahl:
United Nations Sustainable Development Group
Die United Nations Sustainable Development Group spricht sich dafür aus, dass eine wirksame Reaktion auf die Pandemie mehrdimensional, koordiniert, schnell und entschlossen sein muss. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen in Bezug auf das Wirtschaften gehören die Förderung von Kreislaufwirtschaft und kleinen und mittelständigen Unternehmen (KMU). Der UN-Bericht erschien im März 2020 unter dem Titel “Shared responsibility, global solidarity: Responding to the socio-economic impacts of COVID-19”.
https://unsdg.un.org/sites/default/files/2020-03/SG-Report-Socio-Economic-Impact-of-Covid19.pdf
Die Rolle der SDGs in der Wirtschaft
Welche Rolle spielen die Ziele der Vereinten Nationen für Nachhaltige Entwicklung (SDGs) jetzt in Zeiten der Corona-Krise? Michael Kaminski-Nissen, Mitglied des B.A.U.M. e.V.-Gesamtvorstands, beleuchtet dies in der Aufzeichnung seines Webinars mit gut aufbereiteten Informationen und Einschätzungen. In einer ausführlichen Gegenüberstellung von Maßnahmen und SDGs untersucht er das Konjunktur-, Krisenbewältigungs- und Zukunftspaket (03.06.2020) der Bundesregierung im Spiegel der Ziele für nachhaltige Entwicklung.
#VerantwortungJetzt!
Das Entscheider-Magazin forum Nachhaltig Wirtschaften sieht die Krise als Chance, mutige Veränderungen durchzuführen und Fehlentwicklungen im System zu korrigieren. Dazu will die #VerantwortungJetzt! Initiative nun Denker, Berater, Unternehmer und Macher aus allen Bereichen der Gesellschaft zusammenbringen. Sie fordern in einem ersten Appell an die Bundesregierung: Geld für neues Wirtschaften:
- „Verbinden Sie alle finanziellen Hilfsmaßnahmen mit der Bitte/Aufforderung, jetzt auch die Verantwortung für morgen zu übernehmen.
- Animieren Sie die Zuwendungsempfänger, sich jetzt über die Chancen, die nachhaltiges Wirtschaften, ein Green Deal und neue, enkeltaugliche Unternehmensstrategien bieten, zu informieren.
- Fordern Sie wohlhabende Personen auf, jetzt zur Bewältigung der Krise und zur Unterstützung konstruktiver Zukunftsgestaltung beizutragen. Artikel 14/2 des Grundgesetzes, „Eigentum verpflichtet“, muss jetzt besondere Bedeutung erhalten.
- Stellen Sie dafür Informationen zusammen und zeigen Sie Wege in eine nachhaltige Zukunft auf. Wir werden Sie dabei nach Kräften unterstützen.“
www.verantwortungjetzt.net
B.A.U.M. Zukunfts- und Klimaplan ACTIVE4FUTURE
Unter dem Motto ACTIVE4FUTURE hat der Bundesdeutsche Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management (B.A.U.M. e.V.) einen Aktionsplan für Klimaschutz und Nachhaltigkeit zur Umsetzung des europäischen Green Deal vorgelegt. Darin geht es um die Aktivierung von Privatkapital mit einer Doppelstrategie: grünes Konjunkturprogramm verbunden mit der Stärkung der Möglichkeiten der Altersvorsorge.
Für die Wiederaufbauphase nach Corona gilt es, jetzt die Weichen auch klimapolitisch richtig zu stellen und innovative, nachhaltig wirksame Konzepte zu diskutieren.
Dr. Maximilian Gege, VORSTANDSVORSITZENDER B.A.U.M. e.V.
Neues Wirtschaftswunder
Die Initiative „Neues Wirtschaftswunder“ für eine sozial-ökologische Transformation möchte verhindern, dass kommende Konjunkturpakete das alte System aufrechterhalten. Stattdessen sollen sie Unternehmen unterstützen, die die natürlichen Grenzen des Planeten einhalten, das Gemeinwohl fördern und zukunftsgerichtet wirtschaften. Zu diesem Ziel hat die Initiative für eine sozial-ökologische Transformation einen offenen Brief an die Bundesregierung verfasst. Hinter dem Neuen Wirtschaftswunder stehen der Bundesdeutsche Arbeitskreis Umweltbewusstes Management (B.A.U.M. e.V.), economists for future, der Deutsche Naturschutzring, Parents For Future, Handwerk mit Verantwortung, Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e.V. (BNW), German Zero, die Gemeinwohlökonomie und zahlreiche andere Akteure für eine nachhaltigere Wirtschaft.
www.neues-wirtschaftswunder.de
Climate Change Center Austria (CCCA)
Der offene Brief „Klimaschutz sicherstellen—unwiederbringliche Chance ergreifen!“ von 22 Wissenschaftlern der Kommission Klima und Luftqualität an die Österreichische Bundesregierung fordert geplante Unterstützungen und Konjunktur-Milliarden an klare Ziele des Klimaschutzes zu koppeln.
www.ccca.at
Wirtschaft #Fairwandeln: Soziale Schieflagen verhindern
Um ein gutes Leben für alle zu schaffen, sprechen sich Bund Naturschutz und IG Metall dafür aus, dass
- Unternehmen nicht in Krisen gerettet werden können und in guten Zeiten ihre Gewinne privatisieren.
- Unternehmen verpflichtet werden müssen, Mitbestimmungsrechte zu achten, soziale Standards einzuhalten und ihr Geschäftsmodell kompatibel mit dem 1,5-Grad-Ziel zu gestalten.
- auch eine ökologische Versorgungsinfrastruktur geschaffen werden muss, weil Klima- und Artenschutz Grundvoraussetzungen des Zusammenlebens sind.
- nicht nur die Unternehmer gesehen werden, sondern auch die Angestellten.
Der Rat für Nachhaltige Entwicklung
Auch der Deutsche Nachhaltigkeitsrat fordert Klimaschutz, eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft und die Umsetzung des europäischen Green Deal. Laut dem Nachhaltigkeitsrat tragen zum Ausbruch von Epidemien und Pandemien wesentlich bei:
- generelle Zunahme der Bevölkerung
- Urbanisierung und globale Mobilität
- Vernichtung und Abnahme der Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen durch Landnutzungsänderungen
- Klimawandel
Der Rat schlägt z.B. ein Instrument vor, mit dem der Corona-Neustart ökologisch wird.
www.nachhaltigkeitsrat.de
Kampagne „Generationen-Rettungsschirm“
Die Generationen Stiftung startet am 28.5.20 eine Kampagne für einen „Generationen-Rettungsschirm“. Er soll den Rettungspaketen der Bundesregierung einen Plan mit vier zentralen Forderungen entgegenstellen:
- die Kopplung von Wirtschaftshilfen an strenge soziale und ökologische Bedingungen,
- ein Umsetzen der Klimaziele,
- ein Ende des Leids an den europäischen Außengrenzen und
- ein Stopp der fortschreitenden sozialen Spaltung.
Gemeinsam mit 1000 Freiwilligen möchte der Jugendrat in den kommenden Wochen 1 Million Unterschriften für seine Kampagne einsammeln.
www.generationenrettungsschirm.de
Mindset 2030
Die Firma Sturm und Drang aus Hamburg stellt sich die Fragen «Wie kommen wir als Gesellschaft aus dieser Krise besser raus als wir rein gegangen sind? Haben wir idealerweise sogar die Gelegenheit für eine Evolution in eine wünschenswertere Zukunft?» Dazu hat das Unternehmen eine Studie gestartet, um damit die Grundlage für die weitere Entwicklung zukunftsrelevanter Konzepte und Forschungsprojekte im größer werdenden Netzwerk Mindset2030 zu schaffen.
Der Hintergrund zu dieser Studie ist, dass jetzt in der Krise sichtbar wird, welche Unternehmen tatsächlich systemrelevant sind.
→ Aufruf zur Studie (pdf)
→ Hintergrund zur Studie (pdf)
Chancen aus Krisen: 3 Unternehmensbeispiele
Prof. Dr. Stefan Schaltegger vom Centre for Sustainability Management (CSM) zeigt in seinem Beitrag für Focus online drei Beispiele einer nachhaltigen Chancenorientierung in besonders von Corona getroffenen Wirtschaftssektoren. Automobilbranche, Handel und Tourismus können den ohnehin nötigen Strukturwandel jetzt vollziehen. So gäbe es weniger Tote durch Luftverschmutzung, weniger Müll durch zurückgeschickte und sinnlos vernichtete online-Versandprodukte und weniger CO2-Emissionen durch Fernreisen.
Before we restart the economy we must agree on what kind of economy we want.
Muhammad Yunus (Friedensnobelpreisträger), New Recovery Programme (NRP)
Blick über den deutschen Tellerrand
International verstärkt die Corona-Pandemie die soziale Ungleichheit – gleichzeitig gehen einige Akteure aber auch als nachhaltige Vorbilder für die sog. Post-Corona-Zeit voran. Zwei Beispiele:
- In Schwellen- und Entwicklungsländern verschärft die Corona-Krise die Nicht-Nachhaltigkeit dramatisch. Social Distancing ist in Slums, Favelas und Flüchtlingscamps graue Theorie. Hunger-Katastrophen wie derzeit in Ostafrika durch riesige Heuschrecken-Schwärme gehen an der Weltöffentlichkeit fast geräuschlos vorüber. Staaten mit repressiven Regierungen nutzen die Krise, um die Pressefreiheit weiter einzuschränken.
- Die französische Airline Air France KLM soll mit französischen Staatshilfen die nachhaltigste Airline der Welt werden. In Deutschland fordern unterdessen über 72.000 Menschen die Bundesregierung auf, eine staatliche Rettung der Lufthansa von einem nachhaltigen Umbau des Geschäftsmodells abhängig zu machen (#AmBodenBleiben, #StayGrounded).
Krise: Ausnahme, Chance oder Schockstarre?
Während manche sich nach Normalität zurücksehnen, betonen andere bereits sehr früh ihre Deutung der Krise als Chance. Kulturwissenschaftlich lässt sich an dem Ringen um Bedeutungsklarheit des Begriffs „Krise“ ablesen, dass die 2020 entstandene Situation Weltbilder ins Wanken bringt – und so ein kultureller Kampf um die Etablierung neuer Weltbilder entbrennt. Ist die Krise eine Ausnahme oder ein Dauerzustand? Hilft jetzt die evolutionär eingeübte Schockstarre oder unternehmerisch eingeübtes Machertum? Bleibt bei der Konzentration auf kurzfristige Gefahrenbekämpfung überhaupt Zeit für langfristige Risikovorsorge? Viele Fragen lassen sich nicht sicher beantworten. In einer Demokratie werden sie Teil eines gemeinsamen Dialogprozesses über die „gute“, die lebenswerte, die wünschenswerte Zukunft. Oder besser: Zukünfte. Denn eine resiliente Gesellschaft braucht Vielfalt – auch in ihren Vorstellungen davon, wie es sein könnte.
Titelbild abgewandelt auf Grundlage von: „Virus“ von Arek Socha auf Pixabay; 17-Ziele-Kacheln von 17ziele.de
Als Kulturwissenschaftlerin und Absolventin des MBA Sustainability Management setzt sich Tina Teucher mit den Megatrends wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung auseinander. Als Mitglied des Think Tank 30 und Mitglied im Gesamtvorstand von B.A.U.M. e.V. diskutiert sie Wege für eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Transformation. Sie begleitet Unternehmen in nachhaltigen Veränderungsprozessen und inspiriert in Vorträgen und Workshops rund um das Thema Nachhaltigkeit. Von 2009 bis 2014 war sie leitende Redakteurin des Magazins forum Nachhaltig Wirtschaften.
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