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Rettet die Bienen: Ein Volksbegehren, 18,4 Prozent Zuspruch & viele Widersprüche
Die Zeit ist reif für Artenschutz – das hat das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ in Bayern gezeigt. Mit 18,4 Prozent Zustimmung zeigte es, dass das Thema in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen ist. Doch welche Standpunkte, Konflikte und Ängste verbergen sich dahinter?
Das Ergebnis des Volksbegehrens
Das Volksbegehren für Artenvielfalt trieb die bayerischen Bürger in Scharen in die Rathäuser. Alleine am ersten Tag gaben 150 000 Menschen ihre Unterschrift ab für mehr ökologische Anbauflächen und den Schutz von Insekten. Im Landkreis München trugen sich ganze 26,5 Prozent der Stimmberechtigten für das Volksbegehren ein – damit liegt München auf Platz zwei in Bayern. Die kleine Gemeinde Baierbrunn im Süden des Landkreises München toppte dieses Ergebnis mit erstaunlichen 36,5 Prozent. Ob das Interesse hier besonders groß war, weil das Artensterben regelrecht zu spüren gewesen seioder ob es daran liegt, wie auch Bürgermeister Wolfgang Jirschik glaubt, dass die Menschen Naturschutz betreiben, weil sie eine besondere Verbindung zu der hier vergleichbar intakten Natur haben, ist ungewiss.
Die hohe Zustimmung wirft auch Fragen auf
„Rettet die Bienen“ wird als das erfolgreichste Volksbegehren in Bayern bezeichnet. Sondern es lässt das bisher erfolgreichste Volksbegehren im Freistaat – das für die „Christliche Volksschule“ der CSU von 1967 – klar hinter sich. Dabei reichte der Zuspruch über das der erfolgreichsten Volksbegehren Bayerns hinaus, darunter z.B. die Abschaffung der Studiengebühren in 2013 (14,3 Prozent), dem Nichtraucherschutz in 2009 (13,9 Prozent) und dem bisher erfolgreichsten Volksbegehren Christliche Volksschule von 1967 (17,2 Prozent). Und doch scheint es sehr viele Widersprüche in der bayerischen Gesellschaft zu geben. Mercedes fahren, aber die ökologische Landwirtschaft unterstützen? Landwirt sein und gegen den Erhalt der natürlichen Grundlagen zu sein? Heißt es bald„Rettet die Bauern“ und geht Artenschutz und Landwirtschaft einher?
Dass es den bayerischen Bauern nicht ganz rosig geht, speziell den Kleinhofbesitzern, ist spätestens nach dem Volksbegehren klar. Der Deutsche Bauernverband positionierte sich klar dagegen, Bauern gaben Gegenwind – in den Medien und in den Schlangen vor den Rathäusern. Der Schäftlarner Landwirt und CSU-Gemeinderat Georg Lang erzählt von der immer größer werdenden Betroffenheit und Resignation bei den Landwirten und prophezeit ein Hofsterben. Das Problem im System liegt jedoch z.B. darin, dass große Agrarbetriebe gefördert werden, während kleine Höfe dichtmachen müssen. Der Wettbewerbsdruck und der Wachstumswahn führen dazu, dass viele Pestizide eingesetzt werden. Darunter leidet die Natur und der Mensch z.B. durch zu viel Nitrat im Trinkwasser.
Von Biobauern wurde das Volksbegehren jedoch größtenteils unterstützt – denn die ökologische Landwirtschaft befindet sich nicht im Widerspruch zu Artenschutz. Letztlich scheint es darum zu gehen, Landwirtschaft wirtschaftlich rentabel und zugleich vereinbar mit der Natur zu machen. Die Befürworter des Volksbegehrens argumentieren, dass nur durch das Eingrenzen des Pestizideinsatzes und das verpflichtende Errichten von mehr Naturflächen die negativen Externalitäten auf die Natur eingegrenzt werden können.
Fazit: Zusammentun gegen das was niemand möchte – Wie geht es weiter?
Niemand möchte Agrarwüsten und Monokulturen. Und niemand möchte seinen Enkeln von den verschwundenen Igeln, Schmetterlingen und Feldhasen erzählen. „Ich glaube, die Zeit ist reif, dass die Leute verstehen, wie komplex unser Ökosystem ist und welche Lawine losgetreten wird, wenn ein Teil herausfällt“, sagt Kreder-Strugalla, die Vertreterin der Grünen im Hohenbrunner Gemeinderat. Das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ hat gezeigt, dass die Biodiversitätswahrung und der Naturschutz nicht die Angelegenheit einzelner Parteien ist: starke überparteiliche Bündnisse warben mit Aktionen, Infoständen und Plakaten dafür. Folglich sollte die nächste Frage sein, wie ein Gesetzesentwurf aussehen könnte, der Mensch und Natur zugleich zugutekommt. Ob dies von der CSU so aufgegriffen wird bleibt abzuwarten, jedoch kann sich diese den Verlust weitere Wählerstimmen nicht leisten – die Hoffnung bleibt.
Tina Teucher gehört zum erweiterten Vorstand des B.A.U.M. e.V. und ist an der Gründung von Transition München beteiligt – einer Genossenschaft, die Digitaltechnologien für mehr Nachhaltigkeit in der Stadt nutzt. Als Mitglied des Impact Hub München begegnet sie vielen Gründern zukunftsfähiger Unternehmen. Tina Teucher ist Rednerin und Dozentin für nachhaltiges Wirtschaften und moderiert regelmäßig Veranstaltungen zu Zukunftsthemen. Sie begleitet Unternehmen u.a. bei der Implementierung der Sustainable Development Goals, der Megatrends und im Bereich Insektenschutz.
Der Newsletter von Tina Teucher informiert etwa viermal jährlich über aktuelle Nachhaltigkeitsthemen.
Weitere Blogbeiträge zum Thema:
Eine Lobby für Insekten: Tag der Insekten 2019: Am 21.3.2019 findet in Berlin der 3. Tag der Insekten statt, um das Bewusstsein für den Wert und die Bedrohung von Insekten zu steigern und eine Lobby für ihren Schutz zu etablieren.
Das Insektensterben brummt! Tina Teucher moderierte 2018 erneut den „Tag der Insekten“.
Jetzt gilt’s: Rettet die Bienen! Das Volksbegehren Artenvielfalt in Bayern geht in die entscheidende Runde: Zwischen 31.01. und 13.02.2019 läuft in den Rathäusern die Eintragungsfrist.